Pictures from DH Gründerinnen Lea und Berenike #DigitalHumanities #studieren

RaDiHum20 spricht mit Pictures from DH

Die heutige Sonderfolge widmet sich den Digital Humanities aus einer etwas anderen Perspektive, nämlich der studentischen. Wir haben für euch mit den beiden Gründerinnen des Instagram-Kanals Pictures From DH gesprochen: Lea Gleißner und Berenike Rensinghoff.

Berenike studiert derzeit Digitale Denkmaltechnologien im Master in Bamberg. Sie ist während ihres Bachelors in Archäologie und Geschichte an der JGU in Mainz durch ihre Arbeit im mainzed (Mainzer Zentrum für Digitalität in den Geistes- und Kulturwissenschaften) zu den DH gekommen.

Lea hat im Oktober ihren Bachelor in Digital Humanities in Leipzig begonnen, nachdem sie vorher ein Chemiestudium angefangen und wieder abgebrochen hatte. Sie ist auf ihren Ausbildungsort Leipzig aufmerksam geworden, indem sie eine Liste an Studiengängen in und um ihre Heimat durchgeguckt hat. Sie ist bei ihren Recherchen auch auf den Hallenser Digital Humanities-Stammtisch gestoßen, der sie direkt ermuntert hat zur nächsten DHd-Konferenz im März 2020 nach Paderborn zu fahren.

Ausbildung in den DH

Ab Minute 2 fangen wir an über die derzeitige Ausbildungssituation im Bereich der digitalen Geisteswissenschaften zu sprechen: Sowohl Lea als auch Berenike sind DH-Studentinnen und doch unterscheiden sich die Inhalte ihrer Studiengänge sehr deutlich. Lea hat einen eher allgemein gehaltenen Bachelor direkt im Grenzbereich zwischen Geisteswissenschaften und Informatik gewählt. Es gibt aber auch, wie im Fall von Berenike, vertiefende oder aufbauende Masterstudiengänge, die gezielter für bestimmte Bereiche ausbilden. Außerdem finden auch in bestehenden Studiengängen mehr und mehr Veranstaltungen statt, die Nachwuchswissenschaftler:innen Themen aus den Digital Humanities näher bringen.

Der Bedarf an digitalen Kompetenzen wächst stetig. Allerdings gilt: Das Feld ist sehr breit gefächert, und jeder Standort hat seinen eigenen Schwerpunkt. Einen Einblick in die Inhalte oder den Überblick über die unterschiedlichen Schwerpunkte zu erhalten ist nicht ganz einfach. Vielen ist nicht bekannt, dass es DH-Studiengänge an bestimmten Standorten gibt. Man muss förmlich über sie stolpern. Diese Kommunikationslücke haben Lea und Berenike erkannt und ein Projekt für besseren Austausch gegründet: Pictures From DH.

Pictures From DH

Die beiden erzählen ab Minute 3:50  wie sie auf die Idee zu ihrem Projekt kamen. Pictures From DH ist ein Instagram-Kanal, der sich der Kartierung der deutschsprachigen DH-Landschaft widmet. Allerdings passiert dies nicht (nur) darüber, dass Standorte, Institute oder Studiengänge vorgestellt werden. Stattdessen zeigen sich hier die in den DH arbeitenden Menschen. Ziel ist es vor allem, Abiturient:innen und Bachelor-Absolvent:innen vor Beginn eines Studiums die DH als weitere Option neben etablierteren oder bekannteren Studiengängen zu zeigen.

Instagram haben die beiden als Plattform gewählt, um auf der einen Seite das Thema “Pictures” stark zu machen, bildhafte Einblicke geben und Menschen portraitieren zu können und andererseits, um die Zielgruppe von Studienanfänger:innen besser zu erreichen.

Studiengänge

Berenike gibt ab Minute 7 einen Einblick in ihren Master-Alltag. Sie beschreibt die vielfältigen Aufgabenstellungen, die sie beschäftigen: Sie erlernt einerseits die Digitalisierung von Museumsobjekten (z.B. Vasen), andererseits stehen Inhalte wie Bauphysik auf dem Lehrplan (dabei klärt sie spannende Fragen, z.B. wie sich Feuchtigkeit in einem Bauwerk verhält). Aber auch Grundlagen der Informatik sind Bestandteil von Berenikes Studium. Dieser Master bietet einen breiten Überblick über die verschiedenen Bereiche der digitalen Denkmaltechnologien, aber gleichzeitig geht man aufgeschlossen und gut gerüstet für viele spezialisierte Arbeitsbereiche aus dem Programm hervor. Sie verweist auch auf den Master-Studiengang Computing in the Humanities in Bamberg, der einen stärkeren Schwerpunkt auf Informatik legt.

Das Jahr, das Lea abwarten musste, um sich für den Bachelor in Leipzig zu bewerben, hat sie genutzt und bereits Veranstaltungen belegt, die sie sich für ihren DH-Bachelor anrechnen lassen kann. Zwischenzeitlich – das gibt sie zu – hat sie auch geschwankt, ob DH nicht ein zu spezialisiertes Feld sein könnte und sie nicht einen Informatik-Bachelor mit einem DH-Master kombinieren sollte. Letztendlich überzeugt haben sie aber der Hallenser DH-Stammtisch und ihre Teilnahme an der DHd-Tagung in Paderborn 2020.

Warum DH studieren?

Ab Minute 9:20 sprechen wir darüber, was die Digital Humanities in den Augen der beiden besonders attraktiv macht und warum man sich mit dem Fach beschäftigen könnte.

Für Berenike ist hier der offene Empfang von Studierenden in der Fachcommunity besonders wichtig. Sie fühlte sich von Anfang an abgeholt und freut sich immer über die Begegnungen auf Augenhöhe. Inhaltlich ist für sie die Beschäftigung mit digitalen Tools und Methoden eine gute Ergänzung zur Geschichtswissenschaft. Überall findet man schnell begeisterte Kooperationspartner für Projektideen.

Dem stimmt Lea zu und ergänzt, dass die Heterogenität des Feldes Reiz und Herausforderung zugleich ist. Geisteswissenschaftliche Anteile stellen im Studium auch ein Korrektiv für die Informatik dar, bieten eine gesellschaftliche Einordnung und können gesellschaftskritisch wirken. Sie selbst konnte sich zwischen Natur- und Geisteswissenschaften nie entscheiden; die DH stellen da eine gute Kombinationsmöglichkeit dar.

Was sollte man für ein DH-Studium mitbringen?

Wir beschäftigen uns ab Minute 13 mit Schlüsselkompetenzen oder Affinitäten, die man für das Fach mitbringen sollte und die die beiden für unerlässlich halten. Eine Grundvoraussetzung ist ein hoher Grad an Flexibilität. Dies zeigt sich z.B. darin, wie stark unterschiedlich Prüfungsformen in den einzelnen Modulen sind. Einerseits hat man stark strukturierte informatische Module mit wenig Freiheit und auf der anderen Seite vergleichsweise große Freiheit in geisteswissenschaftlichen Veranstaltungen. Hier muss man sich häufig selbst organisieren. Man switcht ständig die Denkweise,  was häufig den Zeitaufwand erhöht.

Die Backgrounds der Studierenden sind in aufbauenden Studiengängen oft stark gemischt, hier ist es wichtig sich in guter Kommunikation zu üben. Man kann jede Menge lernen, wenn man offen aufeinander zugeht. 

Hier stellen wir fest, dass man eigentlich keinen dedizierten Studiengang studieren muss – auch nach dem Studium kann man durchaus noch in den DH landen: Abschlussarbeiten, Inspiration durch Einzelpersonen oder die eigene Fachpraxis bieten genauso valide Einstiegspunkte.

Eine Beobachtung beim Thema Lehrformate und Prüfungen ist, dass tendenziell Informatik bei den Informatiker:innen und Geschichte bei den Historiker:innen unterrichtet und geprüft wird. DH als dritter Teilbereich des Studiums befindet sich oft irgendwo dazwischen und die Praxis zeigt, dass die Verbindung der beiden erstgenannten Kernbereiche sich häufig durch die Anwendung des Gelernten ergibt.

Anwendbarkeit

Das Thema der Arbeitspraxis beschäftigt uns ab Minute 22:50: Erfahrungen lassen sich nicht nur durch die teilweise im Studienverlaufsplan vorgesehenen Praktika oder Jobs als studentische Hilfskraft sammeln, sondern auch durch Initiativen aus, in und für die Community. Lea und Berenike haben gemeinsam am Hackathon Coding da Vinci 2020 teilgenommen. Die beiden haben dabei als Teil eines internationalen Teams Daten einer französischen Villa verwendet, um ein Escape Room-Game zu bauen. Das Projekt mit dem Namen Majorelle Mystery hat sogar eine Anschlussförderung gewonnen.

Berenike konnte zusätzlich Arbeitspraxis im mainzed sammeln, hat in Mainz bereits einmal einen Coding da Vinci-Hackathon mitorganisiert und konnte bei der Konferenz DHd 2019 in Mainz und Frankfurt bei Planungen unterstützen. Derzeit betreut sie als Studentische Hilfskraft die Webseite des Archivs in Aschaffenburg, aber auch die Betreuung sozialer Medienkanäle auf Facebook, Instagram oder Twitter gehörten schon zu ihren vielfältigen Aufgaben.

Vernetzungsmöglichkeiten im Fach

Ab Minute 26:40 sprechen wir über häufig genutzte Kommunikationskanäle in den DH, allen voran Twitter. Die Plattform ist im späteren Studienverlauf auch relevant für die Vernetzung von Studierenden. Gerade während Veranstaltungen wie der DHd-Jahreskonferenz werden Tweets als dynamisches Mittel eingesetzt, um das Event zu begleiten, Diskussionen aufzugreifen, Themen weiter zu vertiefen oder sich mit Akteuren zu vernetzen. Instagram wird tendenziell als wachsendende Plattform wahrgenommen, es gibt immer häufiger auch institutionelle Accounts.

Weiterhin wichtig ist der Discord-Server DHall. Er ist ursprünglich aus der Notwendigkeit heraus entstanden, den Hallenser DH-Stammtisch virtuell stattfinden zu lassen. Nachdem der Stammtisch dorthin gezogen ist, haben sich auch andere regionale Stammtische eingefunden. Zusätzlich ist ein Netzwerk aus Textkanälen zu verschiedenen übergreifenden und spezialisierten Themen entstanden. Es ist möglich dort sehr direkt, deutschlandweit, niedrigschwellig und hierarchielos miteinander zu kommunizieren und sich zu vernetzen.

Eine Vernetzung der einzelnen Studiengänge untereinander ist dagegen viel schwieriger. Auch die Angebote durch den Dachverband auf der DHd-Konferenz könnten hierzu gerne weiter ausgebaut werden. Die Vielfalt der Studiengänge steht hier vielleicht der gezielten Vernetzung auf Konferenzen im Weg. Da Berenike und Lea aber selbst auf DHall sehr aktiv sind, planen sie eine gezielte Initiative dafür. Die Frage, wie man die Kommunikation verbessern kann, beschäftigt die beiden in mehrfacher Hinsicht.

Bedarfe in den Studiengängen

Ab Minute 36 sprechen wir darüber, was die beiden sich in ihren Studiengängen wünschen würden. Wie bereits eingangs erwähnt, ist Unterstützung für Projekte leicht zu finden. Die Herausforderungen liegen aber darin, dass man selbst eine Motivation erarbeiten und Pläne entwickeln, sich einen eigenen Überblick verschaffen und gezielt Menschen ansprechen muss. Daher raten unsere Interviewpartnerinnen dazu sich als Student:in frühzeitig im Fach auszuprobieren und eigene Interessensgebiete zu identifizieren. Die AGs des Dhd können hier bei der Orientierung helfen. Je gezielter man bei Personen nachfragen kann, umso einfacher ist es auch Unterstützung zu finden. 

Listen zu Weiterbildungen und Ausbildungen (die aber nicht unbedingt alle vollständig sind) findet man z.B. auf der Homepage der DHd als Broschüre zum Download. Auch der Hochschulkompass kann eine gute Anlaufstelle für Studiengänge sein. Die Schwierigkeit ist dabei aber tatsächlich, dass die Titel der Studiengänge nicht zwangsläufig “DH” beinhalten und man sich darum hier über die Inhalte nähern muss. Weitere Anhaltspunkte sind z.B. dh course registry und das Kleine Fächer-Portal. Auch ein Ansatz: Publikationen der vergangenen DHd-Konferenzbeiträge und einzelne Standorte checken und vielleicht auch gezielt die eigene Umgebung.

Berufsperspektiven

Zum Schluss widmen wir uns noch den Berufsaussichten. Ab Minute 44:30 reden wir über die Institutionen im akademischen und im GLAM-Bereich, aber auch über Wirtschaftsunternehmen, die teilweise händeringend nach Personal mit Kompetenzen der DH sucht. Dabei sind nicht nur Methoden und Denkweisen ausschlaggebend. Es ist äußerst wichtig die Limitierungen beider Ansätze zu kennen und bestimmte Dinge qualifiziert zu hinterfragen. Generell besteht aber der Eindruck, dass man mit den erlernten Informatikkenntnissen gut ausgestattet ins Berufsleben starten kann.

Das Studium eröffnet Arbeitsplätze, von denen man vielleicht schon immer geträumt hat, oder aber auch Bereiche, die man gar nicht im Blick hatte: Institutionen im GLAM-Bereich liegen nahe, aber auch – je nach Schwerpunkt des Studiums – z.B. Tätigkeiten in einem Architekturbüro ssind im Bereich des Möglichen. Ein weiterer Tipp ist daher, Ausschreibungen im Auge zu behalten, um gezielt Kompetenzen aufzubauen und damit auf spätere Stellen hinzuarbeiten. Informatik und Gesellschaft und auch politische Themen liegen durchaus im Kompetenzbereich von DHler:innen. So steht einem zuversichtlichen Start in ein DH-Studium nichts mehr im Wege.

Kontaktdaten:

Lea Gleißner:

Twitter: @imlabormitlea

Berenike Rensinghoff:

Twitter: @BerenikeRe

Instagram: Pictures from DH 

Mail: picturesfromdh[at]protonmail.com

#DHall: Zugangslink auf Anfrage

Twitter: @MajMys 

Mail: majorellemystery[at]tutanota.com

[cite]

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