In der letzten Folge der siebten Staffel widmen wir uns dem Thema „Peer-Reviewing“ in den Digital Humanities. Unser Gast ist Nils Reiter, Professor für Digital Humanities und sprachliche Informationsverarbeitung an der Universität Köln. Mit seiner langjährigen Erfahrung als Reviewer und Programmkomitee-Vorsitzender der DHd2025 gibt er spannende Einblicke in die Herausforderungen und Entwicklungen dieses zentralen Prozesses der Wissenschaft.
Zu Beginn klären wir, wie Peer Reviewing eigentlich funktioniert. Wissenschaftliche Beiträge werden von Fachkolleg*innen begutachtet, wobei das Verfahren eine doppelte Funktion erfüllt: Einerseits dient es der Verbesserung der eingereichten Arbeiten durch fundiertes Feedback, andererseits entscheidet es darüber, welche Beiträge für die Community relevant (genug) sind, um veröffentlicht zu werden. Gerade in den Digital Humanities ist dieser Prozess besonders vielschichtig, da das interdisziplinäre Feld unterschiedliche Fachkulturen vereint. Erwartungen an die Begutachtung reichen dabei von geisteswissenschaftlicher Reflexion bis hin zu informatischen Standards, was die Kommunikation und Bewertung oft herausfordernd macht.
Im Gespräch beleuchten wir, wie sich die Review-Kultur innerhalb der DH-Community in den letzten Jahren verändert hat. Ein Wendepunkt war die Einführung des Double-Open-Verfahrens, bei dem Gutachter*innen und Autor*innen ihre Identitäten gegenseitig kennen. Diese Neuerung brachte mehr Transparenz, aber auch neue Herausforderungen mit sich. Ebenso spannend sind die 2024 für die DHd-Konferenz neu eingeführten Abstract-Kategorien, die es ermöglichen, Beiträge gezielt in unterschiedlichen Formaten einzureichen. Dazu gehören z.B. methodische Ansätze, Reflexionspapiere oder Korpus-Beschreibungen. Nils betont, dass sich im Reviewing immer wieder die Frage stellt, was „gute Wissenschaft“ ausmacht. Besonders wichtig ist es, Kriterien zu entwickeln, die die interdisziplinäre Natur der Digital Humanities und deren wissenschaftliche Ansprüche widerspiegeln. Dabei zeigt sich, dass viele Gutachter*innen in diesem schnell wachsenden Feld neu in ihrer Rolle sind, was die Herausforderung konstruktiven Feedbacks zusätzlich verstärkt.
Ein weiteres zentrales Thema unseres Gesprächs ist die zukünftige Entwicklung der Review-Kultur. Nils spricht über den „Review-Overload“, der durch die wachsende Zahl an Veranstaltungen und Publikationen entsteht, und beschreibt neue Herausforderungen wie den Einfluss von Preprints, die bereits vor einer Begutachtung veröffentlicht werden, sowie den Einsatz von KI-Tools zur Textproduktion. Diese Trends setzen das traditionelle Review-System unter Druck und werfen die Frage auf, wie Qualität langfristig gesichert werden kann. Dabei ist es entscheidend, eine Balance zwischen dem Aufwand für die Reviewer*innen und dem Nutzen für die Community zu finden.
Nils erzählt uns von der kontroversen Idee, Gutachten zu veröffentlichen, die momentan besonders diskutiert wird. Während einige diese Transparenz als Gewinn sehen, gibt es auch Bedenken, ob dies den Prozess nicht unnötig verkomplizieren könnte. Nils schildert, wie wichtig es ist, dass Reviewer*innen Verantwortung für ihre Gutachten übernehmen und jungen Wissenschaftler*innen konstruktives Feedback geben, das sie in ihrer Entwicklung unterstützt. Gleichzeitig macht er deutlich, dass nicht die Länge eines Gutachtens entscheidend ist, sondern dessen Prägnanz und Klarheit.
Zum Abschluss wird klar: Wissenschaft lebt vom Teilen und gemeinsamen Weiterdenken!
Mit dem Ende dieser Staffel verabschieden wir uns leider von Jascha und Lisa, die das Host-Team verlassen. Mit ihrem Engagement haben sie RaDiHum20 in den letzten Jahren maßgeblich geprägt. Danke! Wir wünschen ihnen alles Gute für ihre derzeitigen und zukünftigen Projekte. ♥♥
Und wir freuen uns, euch alle zur achten Staffel und der DHd-Konferenz am 3. März wiederzusehen!